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AutorenbildMathias Stricker

Die Schule ist heute besser, als sie gestern war

Die Schule gerät immer wieder unter Druck, Pardon, in den politischen Fokus. Schnell heisst es, früher sei alles besser gewesen, hätten die Kinder und Jugendlichen noch etwas gelernt. Mit Rezepten von früher soll die Schule dann wieder aufs Gleis gebracht werden. Ist dem so, dass heute nichts mehr gut ist?

Ganz so einfach ist’s nicht. Denn mit der Schule haben sich das ganze gesellschaftliche Umfeld, die familiären Strukturen, die Technik und die Anforderungen an alle verändert. Während die Gesellschaft ein enormes Tempo hinlegt, besitzt die Schule eine gewisse Wertbeständigkeit. Trotz vieler Reformen verändert sie sich langsamer. Und das ist in vielen Bereichen gut so!

„Ein durchschnittlicher Schüler aus den 50-er Jahren hätte in einem Intelligenztest von heute das Niveau eines Sonderschülers.“ Dies sagt Peter Sieber, Erziehungswissenschaftler an der Universität Zürich. Dabei bezieht er sich auf die im Laufe der Zeit gestiegene Durchschnittsnorm bei den Intelligenztests. Ich weiss nicht – unsere Eltern, Grosseltern waren bestimmt nicht dümmer. Sie waren oft Experten in ihrem Bereich. Die Arbeitswelt früherer Zeiten war aber – nach meiner Einschätzung – im Allgemeinen weniger komplex. Das schulische Grundwissen genügte für die damalige Berufswelt, denn es hatte dort auch genügend Plätze für Hilfskräfte – ohne Berufsausbildung. Diese wurden ganz einfach vor Ort angelernt.

Heute ist das in der Schweiz schwieriger. Denn einerseits gibt es viele der damaligen Hilfsjobs und Nischenarbeitsplätze gar nicht mehr und andererseits sind die Anforderungen an die Jugendlichen bedeutend höher und vielschichtiger. In diesem Zusammenhang erstaunen die Klagen des Gewerbes über die Zunahme von schulischen Defiziten im Lesen, Schreiben oder Rechnen nicht wirklich. Es ist eine Einschätzung, Untersuchungen belegen diese nicht. Beispielsweise hat die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Illettrismus abgenommen. Gerne wird auch ausgeblendet, dass sich die Gruppe der Jugendlichen, die heute eine Berufslehre wählt, verändert hat. Jugendliche mit besseren Leistungen wählen vermehrt den Weg über eine Matura – und fehlen folglich in der Berufslehre.

Mit der integrativen Schule hat nicht nur die Heterogenität in den einzelnen Klassen zugenommen, sondern auch die vertiefte Diskussion darüber, was guter Unterricht ist. Von zentraler Bedeutung sind dabei die gemeinsame Unterrichtsplanung und der Austausch über die Wirkung des gewählten Lernarrangements. Aus der Bildungsforschung sind viele Faktoren für einen lernwirksamen Unterricht bekannt. Auf diese sollte im Unterrichtsteam zurückgegriffen und der Unterricht weiterentwickelt werden. Allgemeine Klassenziele treten zugunsten individueller Ziele etwas in den Hintergrund. Allein die Unterscheidung von Grundanforderungen für möglichst alle und den erweiterten Anforderungen führt zu differenzierteren Aufgabenstellungen, welche dem Können der Schülerinnen und Schüler gerechter werden und ihre Lernfortschritte unterstützen.

Die Basis fürs Lernen bildet nach wie vor die Beziehung zwischen den Lehrpersonen und den Kindern und Jugendlichen. Zentral sind das Interesse am Gegenüber und die persönlichen Rückmeldungen zum Lernen. Diese sind vertrauensfördernd, zeigen das Erreichte auf und geben hilfreiche Tipps zum Vorankommen. Dies gelingt besonders dann, wenn die Rahmenbedingungen die Bemühungen der Lehrpersonen unterstützen. Die gesellschaftlichen Herausforderungen im Jahr 2017 sind gross und können nicht mit alten Rezepten bewältigt werden. Noch gibt es viele Baustellen im Schulbereich. Trotzdem ist die heutige Volksschule pädagogischer denn je. Als lernende Institution wird sie sich weiterentwickeln.

Dazu zeigen wir Lehrpersonen in der Schule tagtäglich grossen Einsatz. Es ist aber auch zusätzlich nötig, dass wir als Fachpersonen auf politischem Weg aufzeigen, welche Lösungen der Entwicklung der Schule dienen. Wir müssen uns aktiv einmischen und uns für gute Rahmenbedingungen einsetzen! Bei den Kantonsrats- und Regierungsratswahlen werden im Kanton Solothurn am 12. März auch die Weichen für eine weitsichtige, verlässliche Bildungspolitik gestellt. Für eine noch bessere Schule von morgen!

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